Wertschätzung und Respekt

Miteinander gelingt unser Zusammenleben besser als im Konflikt

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund
©Friedhelm Windmüller

Viele Kolleginnen und Kollegen registrieren schmerzhaft, dass die Polizeiarbeit in Deutschland nicht mehr das Maß an aufmerksamer Wertschätzung und Respekt erhält, das es bislang nahezu uneingeschränkt gegeben hatte. Obwohl sie an vielen Konfliktherden unserer Gesellschaft rund um die Uhr ihre Frau und ihren Mann stehen und alles in ihren Kräften Stehende tun, um ihren Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft zu leisten, sehen sie sich pauschaler Kritik, absurden Verdächtigungen und offener Feindseligkeit ausgesetzt.

Die Situation der Inneren Sicherheit in Deutschland ist alles andere als einfach. An vielen „Baustellen“ müssen tausende Einsatzkräfte rund um die Uhr präsent sein, um Krawalle zu verhindern und Versammlungen zu schützen, Grenzen und Transporte zu sichern oder die Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus den Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie ergeben.

Und nicht zuletzt steht der normale Polizeialltag nicht still. Auch wenn die Belastung schon durch die beschriebenen Aufträge enorm ist, passieren Unfälle, kleine und große Katastrophen, wollen Menschen „ihre Polizei‘“ möglichst rasch bei sich haben, wenn sich aus dem Zusammenleben mit Nachbarn irgendwelche Konflikte ergeben, die es zu lösen gilt.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Polizei ein großes Vertrauen in der Bevölkerung erworben und auf hohem Niveau gesichert. Mehr als 80 Prozent vertrauen auf die Polizei, das ist auch im europäischen und internationalen Vergleich ein absoluter Spitzenwert. Dieses herausragende Votum ist Auftrag und Verpflichtung, auch für die Zukunft.

Es hat offensichtlich schweres Fehlverhalten von Menschen in der Polizei gegeben. Jedem Vorwurf wird mit großer Sorgfalt nachgegangen, wir haben ein eigenes großes Interesse, dass jeglicher Verdacht von Extremismus in der Polizei komplett aufgeklärt wird. Fremdenhass, Rassismus und jegliche Form von Extremismus haben in der Polizei nichts zu suchen.

Aber wir müssen darauf bestehen, dass allen beschuldigten Beamtinnen und Beamten die Rechte zustehen, wie sie auch für alle anderen Menschen gelten, die sich strafrechtlichen Ermittlungen zu stellen haben. Dazu zählen nicht zuletzt die Unschuldsvermutung und das Recht, angehört zu werden.

Dass es aus Richtung extremistischer Gruppierungen Attacken auf die Polizei gibt, sind wir gewöhnt. Aber es beteiligen sich auch bislang zurückhaltende Kreise der Politik daran, die Kräfte verächtlich zu machen, ihnen die Solidarität zu entziehen und den notwendigen Respekt zu verweigern. Das beschädigt Ansehen und Motivation unserer Kolleginnen und Kollegen.

Es geht nicht nur um Einkommen und Pensionen oder Zulagen, es geht um den politischen Rückhalt der Polizei als unerlässliche Voraussetzung für die Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols als einem der Grundpfeiler unserer verfassungsmäßigen Ordnung.

Darauf werden wir in den nächsten Wochen durch Veröffentlichungen und Stellungnahmen, Gespräche mit der Politik und gesellschaftlichen Multiplikatoren und möglichst vielfältige Aktionen hinweisen. Die Aktionen der DPolG werden unterstützt durch Plakate und Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken. Dort kommen echte Polizistinnen und Polizisten zu Wort und machen ihrem Unmut über mangelnden Respekt gegenüber den Einsatzkräften Luft.

Rainer Wendt
Bundesvorsitzender der DPolG

Die Polizei in Deutschland erwartet Wertschätzung und Respekt und hat dabei drei Zielgruppen im Blick:

Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes

Niemand erwartet Unterwürfigkeit oder Gehorsam. Aber mitteleuropäische Höflichkeit und die Abwesenheit von Aggression in Sprache und Handeln erleichtern allemal die Lösung von Konflikten.

Die Polizei selbst hat die Bereitschaft und Fähigkeit, den Menschen mit Respekt gegenüberzutreten. Genau darauf hat sie ihrerseits auch Anspruch.

Alle Erziehungsinstitutionen sollten darauf achten, junge Menschen möglichst nicht zum Konflikt oder zur Aggression zu erziehen, sondern staatliche Autorität grundsätzlich anzuerkennen und die Repräsentanten des Staates zu respektieren.

Die Politikerinnen und Politiker unseres Landes

Reden und Handeln gehören zusammen. Es hilft nicht, wenn in Sonntagsreden die Polizei gelobt wird und sie schon wenige Tage später in Bausch und Bogen vorverurteilt und öffentlich angeprangert wird.

Polizeiliche Einsatzmaßnahmen unterliegen immer strenger Kontrolle, das ist gut so. Was die Polizei entscheidet, wird später gründlich untersucht, aus Fehlverhalten werden notwendige Konsequenzen gezogen. Wenn die Politik sich unmittelbar nach einem Einsatz als bessere Polizeispezialisten präsentiert, die alles besser weiß und gemacht hätte, hilft das der Polizei nicht.

Gesetze, die sich in ihren Auswirkungen gegen die Polizeibeschäftigten richten, wie etwa das „Antidiskriminierungsgesetz“ oder das „Polizeibeauftragtengesetz“ in Berlin, richten zunehmend Schaden an, demütigen und frustrieren Polizistinnen und Polizisten. Sie haben aber Vertrauen und Wertschätzung verdient!

Die öffentlichen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber

Die Tarifbeschäftigten der Polizei sind eine wichtige Stütze der Sicherheitsinfrastruktur und leisten unschätzbare Dienste für die Funktionsfähigkeit der Vollzugskräfte. Die Rituale der diesjährigen Tarifverhandlungen waren beschämend und kontraproduktiv. Die Arbeitsverweigerung durch Verweigerung von Angeboten zu Beginn der Verhandlungsrunden sind nicht nur schlechtes Benehmen, sie sind respektlos gegenüber den Beschäftigten und müssen aufhören!

Der gefahrengeneigte Polizeiberuf wird von Hunderttausenden Einsatzkräften überall in Deutschland nach besten Wissen, Können und unter Aufbietung aller Kräfte ausgeübt. Die Einsatzkräfte haben Anspruch darauf, dass ihre Bezahlung diesem Umstand besser Rechnung trägt, als bisher. Niemandem ist zu erklären, dass zwischen gleichen Tätigkeiten, in derselben Laufbahn und derselben Besoldungsgruppe weit unterschiedliche Gehälter gezahlt werden; sie sind auf höchsten Niveau anzupassen, weil unterschiedliche Bezahlung ebenfalls ein Zeichen mangelnden Respekts ist.

Der Polizeiberuf ist ein Lebensberuf, dazu zählen lebenslängliche Anstellung als Beamtin oder Beamter, ein erhebliches Maß an beruflichen und privaten Verpflichtungen, die mit dem Status des Berufsbeamten einhergehen. Den „sicherer Arbeitsplatz“ von Polizeikräften als Argument für Kürzungen von Einkommen oder Einkommensbestandteilen zu nutzen, wie das immer mal wieder geschieht, hat mit Wertschätzung nichts zu tun.